Wandscherbe von einer attisch weißgrundigen Lekythos
Inv. Nr.: Alter Bestand 38
Fundort (und Stifter): unbekannt
Datierung: um 440 v. Chr.
Lekythos ist der griechische Oberbegriff für Salb- und Ölgefäße unterschiedlicher Form und Größe mit einer engen Mündung. Der Begriff wird heute in der Regel für attische Grabgefäße des 6. und 5. Jahrhunderts verwendet, da die meisten Lekythen in Grabkontexten gefunden wurden. Anfänglich wurden Lekythen in der schwarz- und rotfigurigen Technik bemalt, wie beispielsweise das ausgestellte, von Ingeborg Scheibler geschenkte Fragment einer Lekythos aus der Haimon-Werkstatt, etwa ab der Mitte des 5. Jhs. vorwiegend in der weißgrundigen Technik. Dafür wurde das Gefäß vor der eigentlichen Bemalung mit einem kaolinhaltigen Tonschlicker überzogen. Dieser helle Tonschlicker ist weit weniger gut haltbar als Glanzton. Deshalb wurde diese Technik vor allem für Grabbeigaben bzw. repräsentative Gefäße verwendet, die nicht dem alltäglichen Gebrauch ausgesetzt waren.
Auf dem weißgrundigen Lekythenfragment ist die Empfindlichkeit des Farbauftrages an der abgeriebenen Partie in der Mitte zu erkennen. In roter Umrisszeichnung auf weißem Grund sind am linken Rand der Scherbe die unteren Hälften dreier textiler Schmuckbänder, sogenannter Taenien zu erkennen. Damit schmückte man Grabstelen, aber beispielsweise auch Kultbilder oder Bäume. Die vertikale Linie zwischen den beiden linken Taenien könnte zu einer Grabstele gehören. Auf der rechten Hälfte der Scherbe ist eine Person dargestellt, die sich den Taenien bzw. der Grabstele zugewandt hat. Man sieht den Unterkörper von der linken Seite, die Füße sowie der Oberkörper ab knapp über der Hüfte sind nicht mehr auf dem Fragment. Auf Höhe der Taille und über dem Gesäß ist möglicherweise Gewand zu erkennen. Besonders gut erhalten ist die linke Hand, die die Figur etwa in Hüfthöhe hält. Etwas oberhalb, am oberen Rand der Scherbe, befindet sich zudem eine leicht gebogene Linie, die vermutlich zum rechten Arm der Figur gehört. Der Arm muss also leicht angehoben sein. Es ist denkbar, dass die Person gerade dabei ist, die Grabstele mit Taenien zu schmücken, jedenfalls scheint sie in irgendeiner Weise zu agieren. Die Scherbe, die ein beliebtes Motiv attischer Grablekythen, nämlich den Besuch am Grab zeigt, wird sich etwa in der Mitte der Bildzone gegenüber dem Henkel befunden haben.